„Dzień dobry!“ – Nachtrag zum Austausch mit Polen 2019

Vom 15. bis zum 22. Mai erfolgte der Gegenbesuch des alle zwei Jahre stattfindenden Austauschs mit unserer polnischen Partnerschule, dem Gimnazjum Nr 42 na Twardej im Herzen von Warschau. Hier die Highlights der spannenden Woche:

8 Tage Polen, viele spannende Programmpunkte, noch viel mehr neue Bekanntschaften und frisch geknüpfte Freundschaften, eine gute Dosis Kultur und definitiv zu viele Zugpannen – so ließe sich die Woche wohl am besten beschreiben, die wir, rund 20 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen EF und Q1, mit unseren Lehrkräften Herrn Hoffmann und Frau Denis am Mittwochmorgen um sieben Uhr zwanzig antraten. Aber das ist natürlich nicht alles – und wer wirft schon nicht gerne mal einen Blick in ein Land, das vielleicht nicht das typischste Ziel einer Reise oder gar eines Schüleraustauschs ist?

In Berlin erreichten wir bereits nach wenigen Stunden Fahrt unseren ersten Halt – noch innerhalb der deutschen Grenzen. Nach dem Koffer-Tetris an den Schließfächern und der ein oder anderen Rolltreppenfahrt durch den Berliner Hauptbahnhof war die Truppe im Grunde nicht mehr zu stoppen, schließlich standen gut vier Stunden Aufenthalt in der Hauptstadt an, in denen vom Brandenburger Tor und dem Reichstag bis zum Holocaust-Mahnmahl und der Berliner Mauer keine Sehenswürdigkeit ausgelassen wurde. Ein großes Lob gilt an dieser Stelle Herrn Hoffmann, der mit seinem unerschöpflichen Allgemeinwissen nun vielleicht über ein Umsatteln zum Tourguide nachdenken sollte. Gegen sechzehn Uhr dreißig wartete der Anschlusszug auf die noch recht enthusiastische Truppe, der uns nach Warschau bringen sollte. Aber wie wir Züge nunmal so kennen, passieren manchmal Dinge, die sich nicht wirklich vorhersehen lassen und nicht selten die Gemüter zur Weißglut bringen – es sei denn, man hat großen Spaß daran, stundenlang in der polnischen Pampa zu stehen, weil der Zug kaputt ist. Und ebendieses Schicksal ist unserer Reisegruppe, die sich mit ausgiebigen Schlafphasen auf dem Waggonboden oder Dehnübungen am Ende doch wacker geschlagen hat, widerfahren. Nach vielen anstrengenden Stunden Fahrt erreichten wir schließlich den Warschauer Fernbahnhof gegen zwei Uhr dreißig am nächsten Morgen, danach hieß es für die meisten Austauschpaare trotz vielen Dingen, die es zu erzählen gab, nur noch schlafen.

Der Donnerstagmorgen verlief um einiges ruhiger und entspannter, auch wenn es bei dem bunten und vielfältigen Programm, das uns die Warschauer Austauschgruppe zusammenstellte, sicherlich nie langweilig wurde. Nach einer kurzen Zusammenkunft in der Schule machten wir uns auf in den nahegelegenen Łazienki-Park (übersetzt so viel wie „Park der Bäder“), der mit seinen rund 80 Hektar der größte Park im Warschauer Stadtgebiet ist – und sehenswert noch dazu! Auf unserem Weg besichtigten wir das bekannte Chopin-Denkmal, das Theater auf der Insel, warfen einen flüchtigen Blick auf die alte Orangerie und betrachteten den sogenannten Diana-Tempel. Ein paar Fotos entlang des Königswegs später war dann endlich Zeit für das gemeinsame Mittagessen: wie auch in den darauffolgenden Tagen in einem typisch polnischen Restaurant in der Nähe mit typisch polnischen Speisen – logisch! Vorbei am ein oder anderen Denkmal in der Altstadt, darunter auch jenes des „Kleinen Aufständischen“ an der Stadtmauer, brachen wir schließlich am frühen Nachmittag zum Museum des Warschauer Aufstands auf, um uns über die geschichtlichen Hintergründe dessen, was wir am Morgen gesehen hatten, zu informieren. Denn was viele nicht wissen: während des Widerstandskampfes gegen die deutschen Besatzungstruppen 1944 wurde die wunderschöne Stadt, wie wir sie heute kennen, fast vollständig zerstört. Gute Eindrücke vom Ausmaß dieser Zerstörung lieferte neben mehreren sehr unterschiedlichen und auf ihre Art besonderen kleineren Ausstellungen ein am Computer erstellter 3D-Flug über Warschaus Zentrum, das auf diesen Bildern übrigens nur noch aus Schutt und Asche zu bestehen schien. Ziemlich beeindruckend, aber auch irgendwie sehr fremd, unfassbar und grausam.

Weniger einschüchternd, dafür nicht minder spannend, folgte am Freitag, dem dritten Tag unserer Reise, ein Tagesausflug in die Stadt Kazimierz Dolny der Woiwodschaft Lublin, die wir nach einer interessanten Stadtführung auch sogleich unsicher machten. Ganz schön rutschig wurde es da an so mancher Stelle, als wir mit unserer Reiseführerin die schlammigen Pfade und Hügel hoch zu den Schlossruinen und dem sogenannten „Dreikreuzberg“ erklommen. Die Aussicht war es allemal Wert, jedoch schadet es nicht, je nach Witterung an festes Schuhwerk zu denken. Am Nachmittag folgte dann noch ein besonderes Highlight für alle Beteiligten: eine Bootstour über die Weichsel (für die Warschauer ungefähr so etwas wie der Rhein für die Rheinländer), mit ihren 1048 Kilometern immerhin der längste Fluss Polens! Bei herrlichem Sonnenwetter genossen wir die Aussicht auf die weiten Landschaften und die unberechenbaren Möwen, die unser Boot umkreisten.

Nach einigen bereits sehr aufregenden, aber auch anstrengenden Tagen bot schließlich das Wochenende allen Austauschschüler*innen die Möglichkeit, ihre polnischen Freunde und deren Familien näher kennenzulernen. Und in zwei Tagen kann man weiß Gott eine Menge erleben: weitere Orte wie Lublin oder Płock auf eigene Faust besuchen und erkunden, Rollschuh fahren, schwimmen, bei Familienfesten an ominösen Speisen schnüffeln, ins Innere des Kulturpalastes schauen, Souvenirs besorgen, ins Kino gehen, und, und, und, … – oft hatten die Gastfamilien bereits ein vielfältiges und individuelles Programm auf die Beine gestellt. Eine volle Ladung Kultur!

In alter Frische und zumindest in den meisten Fällen ausgeschlafen ging es am Montagmorgen gegen acht Uhr dreißig mit dem schulinternen Programm weiter, bei dem wir nun, wo wir uns schon besser kannten, mit der Projektarbeit und Austauschdokumentation in kleineren deutsch-polnischen Gruppen starteten. Mit viel Liebe zum Detail erstellten begabte Hände Plakate, Skizzen und Bilder mit unseren Ausflugszielen und Stationen, schrieben Kurzberichte oder stellten die schönsten Fotos mit kuriosen Untertiteln zusammen. Zwischendurch schaute noch einmal die dortige Schulleiterin vorbei, die von unseren Odenkirchener Lehrkräften neben ein paar kleinen Gastgeschenken auch feinsten Odenkirchen-Café der Schülerfirma „Fair:OK!“ überreicht bekam. Kaffee ist eben international. Nach der Präsentation der Ergebnisse – darunter ein spannendes, selbst erstelltes Online-Quiz, bei dem die Teams erraten mussten, ob sie nun beispielsweise am Freitag über die Weichsel, die Donau oder den Rhein geschippert waren – sowie einem gemeinsamen Mittagessen in der Schulmensa (von der sich die ein oder andere deutsche Schule gewiss eine Scheibe abschneiden kann) machten wir uns schließlich durch einen fiesen Regenschauer auf zum Kopernikus-Wissenschaftszentrum. Seid Ihr schonmal mit einem Skelett Fahrrad gefahren? Habt Euch über optische Täuschen den Kopf zerbrochen oder in einem „Schreckraum“ Euren Angstpuls gemessen? Alles kein Problem auf dem rund 5500 Quadratmeter großen Ausstellungsgelände. In kleinen Austauschgruppen gingen unsere Austauschpaare hier den Grundgesetzen der Naturwissenschaften auf den Grund – auch mit deutschen Übersetzungskarten. Nach gut zwei Stunden Aufenthalt verblieb der Nachmittag zur freien Verfügung.

Warm und sonnig startete mit dem Dienstagmorgen schließlich der siebte und letzte Programmtag unseres Austauschs, diesmal an einer Bushaltestelle auf der Durchreise zum bekannten Wilanów-Palast im Süden der Stadt, wo wir die auf 43 Hektar zu bestaunenden Gärten und Parkanlagen, mal im italienischen, mal im französischen Stil besuchten und bewunderten. Besonders die Fassade des Palast-Museums bot zwischen all den Bäumen, Hecken und Sträuchern im Sonnenschein eine perfekte Fotokulisse. Den letzten gemeinsamen Nachmittag ließen wir schließlich mit einem Bowlingturnier ausklingen, bei dem selbst die Lehrer*innen  gelegentlich Partei ergriffen und heftig mitfieberten, bevor es ans Packen und teilweise auch Verabschieden von der berufstätigen Gastfamilie ging.

Und schon war er angebrochen, der Mittwochmorgen der Abreise. Viel zu schnell für meinen Geschmack, aber man soll schließlich aufhören, wenn es am schönsten ist. Ganz schön wuselig ging es da am Fernbahnhof zu; fast wie am Gleis Neundreiviertel tummelten sich die Odenkirchener mit ihren lieb gewonnenen Austauschfamilien zwischen Koffern, Nahrungsrationen und Fresspaketen für gute drei Wochen und vollgestopften Rolltreppen auf dem Bahnsteig. Der Zug hatte mal wieder eine mehr oder weniger großzügige Verspätung, und so blieb genug Zeit für das zweiundvierzigste Abschieds-Selfie, die fünfundsechzigste Umarmung und das siebenundsiebzigste „Komm mich in den Ferien mal besuchen“, bevor wir endgültig  mit erneuten nervenaufreibenden Verspätungen und Zugpannen dem Sonnenuntergang entgegenfuhren (naja, oder irgendwie so…).

Insgesamt war es ein spannender Austausch der etwas anderen Art, den wir alle bestimmt noch eine ganze Weile in guter Erinnerung behalten werden. Und egal, ob England, Frankreich oder Polen: ein Austausch bietet die einmalige Gelegenheit, ein fremdes Land mit all seinen Facetten kennenzulernen – das bekommt man in keinem Reisebüro! Und auch das, was man von dort mitnimmt, kann man aus keinem Schulbuch lernen! Wenn auch Ihr Lust habt, statt Atlaswälzen und Kartenlesen, Vokabeltests und Schullektüre einfach mal an einem Austausch teilzunehmen und Euren Horizont zu erweitern, meldet Euch doch einfach mal an oder erkundigt Euch bei Herrn Hoffmann bzw. Frau Denis. Der beständige Austausch lebt von Euch! Weitere Infos zu allen Austauschprogrammen gibt es natürlich hier auf der Homepage.

Ein großer Dank gilt unserer polnischen Partnerschule für das bunte Programm, allen Mitwirkenden, den Austauschpartnerinnen und -partnern sowie deren Gastfamilien und vor allem Frau Denis und Herrn Hoffmann, ohne deren Engagement das alles nicht möglich wäre! Und wer weiß, vielleicht sieht man sich ja mal wieder?

PS: Für den Polen-Austausch braucht Ihr keine Polnischkenntnisse, da die polnischen Mitschüler*innen u.a. durch bilingualen Fachunterricht über hervorragende Deutschkenntnisse verfügen.

 

Hier noch ein paar Eindrücke der Woche: 

Weichsel
Am Ende doch etwas länger als 100 Minuten…
Wilanów Palast, Warschau