Am Dienstag, 04.06.2019, machten sich die beiden Philosophie-Grundkurse der Jahrgangsstufe EF unter der Leitung der Lehrkräfte Frau Eimanns, Frau Praas und Herrn von der Nahmer auf den Weg nach Köln, genauer gesagt zum internationalen Festival der Philosophie, um an einem Diskurs zum Thema „Glück und Unglück“ teilzunehmen.
Na, mal wieder Unheil gewittert? Oder doch wunschlos glücklich? Den Glücksbringer verloren und doch mit einem blauen Auge davon gekommen? Diesmal mehr Glück als Verstand gehabt? Dann scheinen Sie durchaus Glück im Unglück (gehabt) zu haben. Glückwunsch! Aber was ist das eigentlich, dieses Glück? Was ist Unglück? Hier begegnen wir einem ethischen Paradox: Unglück will kein Mensch, aber irgendwie kann man es, nämlich um des eigenen Glücks willen, auch nicht nicht wollen. Ist Unglück de facto eine Art „Glück“ der besonderen Art?
Um die ganze Fragen-Wundertüte nicht hilflos schlucken zu müssen und vielleicht den ein oder anderen neuen Denkanstoß zu gewinnen, ließen die circa 25 Schülerinnen und Schüler in nicht minder neugieriger Lehrpersonal-Begleitung gegen 09:15 Uhr die Schule, auf einem festen Fundament aus Fakten und Wissen gebaut, zurück, um sich von den unendlichen Weiten des philosophischen Unwissens treiben zu lassen. Hintergrund der Exkursion war die in beiden Kursen behandelte Unterrichtsreihe „Wahrnehmung und Wirklichkeit“, die sich unter anderem die Leitfrage „Was können wir sicher wissen?“ gesteckt hat. Formulieren wir diese Frage nun ein wenig um, nämlich in „Was können wir sicher wollen?“, schlagen wir, ob wir nun wollen oder nicht, unweigerlich auch eine Brücke zum Glück.
Im Kölner Comedia-Theater angekommen hieß es dann erst einmal warten, bis uns die beiden Moderatoren, Jürgen Wiebicke und Arnd Pollmann, herzlich im „Roten Saal“ zur Veranstaltung im Rahmen von „Klasse Denken“ in Empfang nahmen. Nachdem alle einen Platz gefunden hatten (genug Auswahl gab es definitiv; am begehrtesten waren aber die vorderen Reihen), startete auch direkt die Diskussion, wenn auch etwas anders als von den meisten erwartet. Wer an dieser Stelle einen schrulligen Bericht über uralte Texte längst vergessener Philosophen erwartet hat, von denen man nur jedes dritte und zweiundvierzigste Wort versteht, den muss ich (zum Glück) enttäuschen: es ging los mit einem Bild von einem Schwein. Einem einfachen, scheinbar glücklichen Schwein. Dieses Schwein schien nichts zu beunruhigen: keine ungelösten Probleme, keine Fragen, auf die man keine Antwort weiß, kein „Unglück“, an dem man gerade knabbern muss. Natürlich ging es weder darum, die Zuhörenden zum suhlen in Schlammpfützen zu bekehren, noch darum, irgendwelche Nutztierkunde zu betreiben. Vielmehr stellte sich die Frage: Denken wir Menschen einfach zu kompliziert? Finden wir immer irgendein Fettnäpfchen, in das wir genau jetzt treten müssen? Reiten wir uns vielleicht selbst in unseren Unmut hinein? Und, Moment mal, war die Thematik nicht eigentlich „Glück“?! Tja, liebe Leserinnen und Leser, vielleicht sollten Sie auch einmal darüber nachdenken: Einfach für immer die Sorgen und das Unglück beiseite kehren, sich nur glücklich fühlen, anstatt sich tagtäglich wie der arme Platon das Hirn zu zermartern. Wäre das nicht schön? Als hätten sie unseren innigen Wunsch schon erahnt, lieferten uns die beiden Moderatoren prompt eine Modelllösung, nämlich die einer „Glücksmaschine“, mit der man für immer in einem Zustand puren Glücks lebe. Wenn die Dosis nachließe, würde unser Kopf einfach weiter stimuliert werden, es gäbe keine Nebenwirkungen und wir würden nichts kennen als die „heile Welt“. All das Unglück, die Sorgen und Laster des Alltags: weg. Einziger Haken an der Sache: es ist eine nicht rückführbare Entscheidung. Wer einmal in der vorgegaukelten Traumwelt angekommen ist, kann nicht mehr zurück. „Glück“, „Unglück“, diese Unterscheidung kennen wir nicht mehr, weil irgendetwas fehlt. Wo bleibt da der Kontrast? Und zermürben wir uns nicht irgendwann mit der Frage, warum die Glückswelt ohne Katastrophen und Probleme so sterbenslangweilig ist? Suchen wir insgeheim vielleicht tatsächlich nach dem Unglück, damit das persönliche Glück für uns wieder bewusster spürbar wird und wir es genießen können? Und wer garantiert uns, dass wir unter dieser Narkose noch die Kontrolle über unser eigenes Denken und Handeln haben? Leben wir dann nicht alle in der Matrix? Diese Fragen muss sich wohl jeder selbst beeantworten, denn da scheiden sich die Geister. So ähnlich erging es übrigens auch unseren Odenkirchenern, die sich lebhaft an der Diskussion mit den Moderatoren und zwei weiteren Schulklassen beteiligten. Als sich die Vorstellung dem Ende neigte, wurde schließlich abschließend die Frage gestellt, wer sich ein Leben am Glücksapparat tatsächlich für immer vorstellen könne. Das Ergebnis: gerade mal sieben von den knapp 90 Personen im Saal würden diese Entscheidung fällen, der Rest stellte sich entschlossen auf die Contra-Seite.
Und Sie? Sind sie auch wie der unzufriedene Sokrates, oder doch lieber ein glückliches Schwein? Finden Sie es heraus!
Nach sehr lebhaften anderthalb Stunden war die Veranstaltung schließlich vorbei, für unsere beiden sehr flexiblen und freundlichen Moderatoren gab es großen Beifall, bevor sich die Masse in Richtung Garderobe schob. Und auch für unsere Odenkirchener ging es nach einem gemeinsamen Picknick mit strahlendem Sonnenschein an der Hafenterrasse am frühen Nachmittag zurück nach Mönchengladbach.
Ganz herzlich danken wir unserer engagierten Philosophie-Fachschaft, besonders Frau Eimanns, Frau Praas und Herrn von der Nahmer, die uns auf dieser Exkursion begleitet haben und glücklicherweise immer ein glückliches Händchen dafür haben, den Staub von einem angestaubten Fach mit unheimlich viel Aktualität zu wischen.
Unglück. Vielleicht doch ein Glück?